Vertrieb muss neu gedacht werden
Wir kennen sie alle. Die "Vertriebs-Rampensau". Es sind die Personen in einem Unternehmen, die kein Pardon kennen. Draussen auf der Straße, die Aussendienstler, die an keiner Firma vorbeikommen, ohne an der Klinke zu putzen. Im Innendienst, diejenigen , die Tagein Tagaus nichts anderes machen, als unbekannte Menschen zu begeistern, ihr Produkt zu kaufen. Die Prämisse: "Viel hilft viel" ist allgegenwärtig.
- unzählige Kundenkontakte, von denen viele auf ein "Nein" hinauslaufen
- unendliche kalte Akquise Telefonate, die meist schon beim ersten "guten Morgen" scheitern
- Werbeschreiben, die uns im Unternehmen die Poststelle schier zur Verzweiflung treiben oder den heimischen Briefkasten überfüllen.
Realität in Vertriebseinheiten. Und die Conversion Rate, also das Messkriterium, nach dem wir den erfolgreichen Kontakt bewerten, sinkt von mal zu mal.
Warum ist das so? Was hat sich verändert, sodass Menschen sich nicht mehr so leicht einlullen lassen von den vielen charismatischen Verkaufsspezialist:innen, den Hochglanzbroschüren und den vielversprechenden Telefonaten.
Ganz einfach: Die Welt hat sich verändert. Vorbei die Zeiten, in denen der Vertrieb die Informationshoheit hatte und alles Wissen um das Produkt fast schon als wohlgehütetes Geheimnis unter vorgehaltener Hand preisgegeben wurde.
Kund:innen sind informierter. Durch die diversen Informationsquellen, die uns inzwischen zur Verfügung stehen. Wir lesen Rezensionen, betreiben Recherche im Internet, fragen künstliche Intelligenzen nach ihrer Meinung und schaffen uns so fast schon einen Informationsvorsprung gegenüber denjenigen, die uns überzeugen wollen.
Und der Vertrieb? Beharrt auf alten Maßstäben. Glaubt vielfach immer noch daran, dass Quantität vor Qualität kommt. Ist teils davon überzeugt, dass Menschen immer noch mit Nutzenargumenten und Einwandbehandlung überzeugt werden können. Sicher, es funktioniert auch hier und noch. Aber letztlich schwindet der Erfolg mehr und mehr. Denn Kunden suchen sich inzwischen zielgerichtet die Produktalternative, die ihren Need bestmöglich erfüllen kann.
Vertrieb ist durch Kennzahlen getrieben.
Die meisten Vertriebseinheiten werden anhand gängiger Kennzahlen gemessen. Und diese Kennzahlen bilden selten die wirkliche Welt ab. Entweder geben sie mir nur eine Wasserstandsmeldung ab oder sie dienen mir erst im Nachgang eine Übersicht meines Erfolgs. Ich habe selbst viele Jahre meines beruflichen Lebens in einer Vertriebsorganisation gearbeitet und musste meinen Erfolg durch unzählige Messzahlen überprüfen. Wurde sogar anhand dieser bewertet und bezahlt.
KPI´s - die Key Performance Indikatoren
KPI´s sind übliche Messwerte in einer Vertriebswelt. Und davon kennen Vertriebseinheiten unzählige. Sei es nun die Messung der Vertragsabschlüsse, die Anzahl an Kundenkontakten pro Zeiteinheit, die Anzahl der vereinbarten Termine, die prozentuale Verteilung von Ansprachen zu Abschlüssen. Oder worst case, sogar die gemessene Zeit, die es braucht von der Begrüßung bis zum Abschluss.
KPI´s messen unsere Effizienz. Sie zeigen, statistisch gesehen, wie schnell und verlustfrei gearbeitet wird. Und sie funktionieren mit Verzögerung. Denn erst nach einer festgelegten Zeiteinheit zeigt mir ein KPI meinen vermuteten Erfolg. Was die Zahlen aber nicht vermögen, ist eine unmittelbare Erfolgskontrolle.
Conversion Rate - Das Ergebnis meiner Kontakte
Viel hilft viel und wer viel macht, bekommt auch viele Ergebnisse. In meinen Augen ist dies aber eine Milchmädchenrechnung. Die Conversion Rate ist ein Prozentwert, welcher relativ stabil ist. Eine Postwurfsendung hat eine bestimmte Rücklaufquote. Hierbei ist es egal, wieviele Seiten sie hat. Misst eine Vertriebsabteilung den Erfolg einer Kampagne nach der Conversion Rate drängt sich oft der Gedanke auf, dass mehr Kontakt auch eine höhere Rücklaufquote erzielt. Grundlegend richtig. Die Frage allerdings ist, ob mehr Kontakte auch mehr Qualität bedeuten. Kürzlich hatte ich Kontakt zu einem Vertriebsunternehmen, das nach der Prämisse arbeitete, dass mehr Besuche automatisch zu mehr Absatz führen muss, Dem war aber leider nicht so. Der Vertrieb war ausgebrannt, die Mitarbeitenden überfordert. Überstunden an allen Stellen, um die geforderten Besuche zu schaffen. Das Ergebnis: Die Qualität der Besuche wurde schlecht. Die Conversion Rate sank ins Bodenlose.
NPS - Net Promoter Score
Dieser Messwert ist eigentlich gedacht, um die Qualität meiner Kontakte durch ein Feedback beim Kunden zu messen. Ein typischer NPS misst das Verhalten des Vertrieblers im Kundenkontakt auf einer Skala von 1-10, wobei erst eine Bewertung von 8-10 eine gute Bewertung ist. Oftmals zweifle ich an der Aussagekraft des NPS aus 2 Gründen:
1. ein NPS ist eine sofortige Momentaufnahme unmittelbar nach dem Verkaufsgespräch. Faktoren wie Kaufreue oder ähnliches werden hier nicht berücksichtigt.
2. gerade Westeuropäer tun sich schwer damit eine überdurchschnittliche Bewertung abzugeben. Aus meiner Erfahrung sind Bewertung auf einer gesunden 7 ein typischer Messwert, wenn Menschen mit einer Leistung zufrieden sind.
Auf den Kundenmehrwert kommt es an.
In einer modernen Vertriebswelt kommt es aber inzwischen auf etwas ganz anderes an. Hier zählt nicht mehr der Schnellste oder der Effizienteste. Hier zählen andere Kriterien:
- Bekomme ich einen Mehrwert für mein Geld?
- Werden meine Probleme durch das Produkt wirklich gelöst?
- Werden meine Wünsche erfüllt?
Genau an dieser Stelle setzen OKR´s an. Hier kommen meine 3 wesentlichen Gründe, warum es im modernen Vertrieb keinen Weg an OKR vorbei geben kann:
Grund Nr. 1: OKR ist kundenorientiert
Die Basis eines jeden Teams, das ist mit Objectives and Key Results arbeitet ist eine wirkungsvolle Vision, die einen Impact auf Gesellschaft und den Kunden haben sollte. Visionen stellen eindeutig da, wer oder was ein Unternehmen für den Kunden bewerkstelligen will und welcher Mehrwert geschafft werden will.
OKRs orientieren sich in der gesamten Organisation an dieser Vision, auch im Vertrieb. Wenn also klar ist, was wir für den Kunden erreichen wollen, dann ist auch klar, was der Vertrieb dazu beitragen kann. Denn OKRs setzen auf Beiträge, intrinsisch motiviert, radikal kundenorientiert. Und das macht einen Unterschied. Statt in Kennzahlen zu denken, überlegt sich eine Vertriebseinheit, was sie für einen Wert schaffen wollen, der den Wünschen und Bedürfnissen des Kunden entspricht und passt dadurch seine Strategie an.
Grund Nr. 2: Der Vertrieb denkt in Outcome statt in Output
Wo bisherige Kennzahlen lediglich den Output messen, also das, was der Vertrieb umgesetzt hat, ändert OKR die Denkrichtung. Jetzt wird der Outcome, also die Wirkung beim Kunden in den Vordergrund gerückt.
Outcome bezeichnet eine nachhaltige Veränderung im Kundenverhalten, welche einen wesentlichen Einfluss auf mein Geschäftsergebnis haben wird. Damit ist der Outcome auch ein Erfolgshebel für langfristige Messkriterien. Begeisterte Kunden, die langfristig Freude an unserem Produkt haben, kaufen mehr und bleiben treu. Empfehlen uns sogar weiter. Denke ich also im Vertrieb mehr in der Wirkung, dann sorge ich automatisch für eine hohe Qualität meiner Kampagne. Anstatt Masse zählt jetzt Klasse.
Grund Nr. 3: OKR fördert neue Ideen
Der innovativ experimentelle Angang von OKR kann einen Vertrieb dabei unterstützen neue Wege zu gehen, um mehr Effekt zu erzielen. Anstatt von Tür zu Tür zu rennen, ersinnen Vertriebsteams neue Vorgehensmodelle und testen diese auch sofort beim Kunden aus. Wobei die unmittelbare Rückmeldung, also das Feedback und die Reaktionen meiner Zielgruppe wichtig ist. War das Vorgehen zielführend aus Sicht des Kunden? Merken wir eine Verhaltensänderung?
Und wieder landen wir fast zwangsläufig beim Outcome. Denn genau darum geht es in Zukunft. Wirkkraft beim und für den Kunden. Und das langfristig und nachhaltig.
Fazit: OKR sind eine wirkungsvolle Ergänzung zu gängigen Messzahlen
Auch wenn eine Vertriebseinheit an Kennzahlen nicht vorbei kommt, die den Erfolg und den ROI messbar machen, ist OKR eine sinnvolle Ergänzung. Denn im Gegensatz zu den gängigen Mechanismen sorgen OKR dafür, dass Vertriebsteams mehr und mehr zusammenwachsen, gemeinsam Ideen ausprobieren und den Kunden viel stärker als zuvor im Fokus haben. Und sie sorgen für Entlastung aller Beteiligter. Wenn wir es nämlich schaffen, unsere Vertriebsaktivitäten auf Wirkung auszulegen, bleibt mehr Zeit für Kundenpflege und Innovationen. Und das ist es, was ein moderner Vertrieb in Zukunft braucht.
Wenn du mehr zum Thema OKR und andere agile Frameworks wissen möchtest, melde dich bei uns und lass uns ins Gespräch kommen. Oder hinterlass einen Kommentar. Wir freuen und auf Hinweise und über Anmerkungen.
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